26. September 2025

Gespräch mit dem ukrainischen Außenminister Andrij Sybiha

Roderich Kiesewetter: „Von Deutschland wird mehr erwartet.“
Angehörige der ukrainischen Streitkräfte Quelle: VictorPinchukFoundation©2025. Photographers: Nicolas Lobet, Valentyna Rostovikova, Frederic Garrido-Ramirez (PRYZM)
YES-Konferenz, Präsident Selenskyj Quelle: VictorPinchukFoundation©2025. Photographers: Nicolas Lobet, Valentyna Rostovikova, Frederic Garrido-Ramirez (PRYZM)
YES-Konferenz, Gruppenbild Quelle: VictorPinchukFoundation©2025. Photographers: Nicolas Lobet, Valentyna Rostovikova, Frederic Garrido-Ramirez (PRYZM)
YES-Konferenz, Panel mit Kiesewetter Quelle: VictorPinchukFoundation©2025. Photographers: Nicolas Lobet, Valentyna Rostovikova, Frederic Garrido-Ramirez (PRYZM)
YES-Konferenz, Fragestellung Kiesewetter Quelle: VictorPinchukFoundation©2025. Photographers: Nicolas Lobet, Valentyna Rostovikova, Frederic Garrido-Ramirez (PRYZM)
mit Außenminister Sibyha Quelle: MFA Ukraine
mit Außenminister Sibyha Quelle: MFA Ukraine

Bei seiner Reise in die Ukraine zur YES-Konferenz (Yalta European Strategy) hatte Bundestagsabgeordneter Roderich Kiesewetter Gelegenheit zu einem persönlichen Gespräch mit dem ukrainischen Außenminister Andrij Sybiha. Wahlkreisabgeordneter Kiesewetter: „Außenminister Sybiha kenne ich nun schon lange auch aus seiner vorherigen Funktion. Er machte sehr deutlich, dass die Ukraine sich bislang vor allem auf ihre eigenen militärischen Fähigkeiten, ihre innovative Rüstungsindustrie und den starken Willen der Bevölkerung verlassen kann. Die Abstützung auf eigene Fähigkeiten sind auch die wesentlichen Aspekte bisheriger Sicherheitsgarantien. Deshalb erwartet sich die Ukraine von Europa mehr. Insbesondere sind die Erwartungen an das wirtschaftlich starke Deutschland groß, denn im Gegensatz zu vielen europäischen Staaten investiert Deutschland nur 0,1 Prozent seiner Wirtschaftsleistung in die militärische Unterstützung der Ukraine, Dänemark zum Beispiel 2 Prozent. Die Ukraine wünscht sich eine Koalition der entschlossen Handelnden. Zu Sicherheitsgarantien gehören auch NATO-ähnliche Zusagen und die EU-Mitgliedschaft. Doch ein rascher Waffenstillstand oder Friedensgespräche sind weiter Wunschdenken, weil Russland unbeirrt weiter macht und die USA als Unterstützer der Ukraine ausfallen. So lange der Druck von Europa auf Russland durch konsequente Sanktionen und Aufrüstung und die militärische Unterstützung für die Ukraine zu gering bleibt, wird Russland den Angriffskrieg weiter fortsetzen.“ 
 
Weil Russland militärisch quasi keine Erfolge gelingen, intensiviert der Aggressorstaat insbesondere die Angriffe auf zivile Ziele in der Ukraine und die hybriden Attacken auf Europa. „In den letzten 1000 Tagen hat Russland unter extremen Verlusten lediglich 0,1 Prozent an ukrainischem Territorium besetzt. Die Ukraine verteidigt innovativ und technisch hochmodern unter größtmöglichem Schutz eigener Soldaten.“
 
Bei der Konferenz wurde deutlich, wie wichtig es ist, auch entschiedener gegen die russische Schattenflotte auf der Ostsee vorzugehen. 70 Prozent des russischen Öls und Gases werden über die Ostsee transportiert, deshalb ist die Ostsee ein Hotspot. Finanzielle Sicherheit ist wichtig, denn die ukrainische Produktion ist nicht ausgelastet. „Deshalb ist die Freigabe der eingefrorenen russischen Vermögen an die Ukraine so wichtig und vor allem sinnvoll“, betont Kiesewetter.
 
Roderich Kiesewetter hatte unter anderem Gelegenheit mit ukrainischen Soldatinnen und Soldaten und Kommandeuren zu sprechen, die täglichen Angriffen ausgesetzt sind. „Schlimmer als die Belastungen im Einsatz ist für die tapferen Soldatinnen und Soldaten die Sorge um die eigene Familie. Denn die Angriffe Russlands auf zivile Ziele in der Ukraine, tägliche hunderte Drohnen und Raketen auch in westlichen Gebieten, haben massiv zugenommen. Die Sorge um die Familie wiegt oft schwerer als der Kampfeinsatz unmittelbar an der Front“, berichtet Kiesewetter.  „Deutlich wurde der Wandel des Kriegsbildes hin zum multidimensionalen Drohneneinsatz verbunden mit einer hohen Rate technischen Fortschritts. 95 Prozent der Panzer werden von Drohnen zerstört. Wenn Ukrainer Fronturlaub machen und nach 14 Tagen wiederkommen, müssen sie rasant nachlernen, weil sich Technik und Systeme so rasch weiterentwickeln. Deutlich wurde auch: Die USA sind aus der Unterstützung der Ukraine raus. Europa muss sich nun entschlossen um seine eigene Sicherheit kümmern und die beginnt mit der verstärkten Unterstützung der Ukraine. Denn Russland muss in der Ukraine gestoppt werden. Deutschland erfüllt bislang nur einige ausgewählte Erwartungen und wird noch mehr gefordert werden“, so Kiesewetter abschließend. 
 
Die YES- Konferenz ist eine jährlich stattfindende hochrangige Tagung von Regierungs- und Parlamentsvertretern, Think Tanks und Journalisten sowie Zivilgesellschaft. Sie fand bis 2014 in Yalta auf der Krym statt. 

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